Begeisterung über das „Kuckucksnest“ am Lise-Meitner-Gymnasium

Am Wochenende vom 15.-17.07.2011 wurde das Theaterstück „Einer flog übers Kuckucksnest“ drei Mal vor fast vollbesetztem Haus aufgeführt. Die 18 Schauspielerinnen und Schauspieler des „Theater-Seminarkurses“, der in diesem Schuljahr am Lise-Meitner-Gymnasium zum ersten Mal durchgeführt wurde, haben sich selbst übertroffen.

Es standen plötzlich nicht mehr Schülerinnen und Schüler auf der Bühne, sondern die Patienten einer psychiatrischen Anstalt, die Schwestern, das Aufsichtspersonal – und Randle P. McMurphy, der sich als Psychopath ausgibt, um der Gefängnisstrafe zu entfliehen. In sehr überzeugender, tragi-komischer Weise werden die unerbittlichen „Therapie“- und Strafmaßnahmen der rigiden Oberschwester Ms. Ratched gezeigt. Die Schauspielerinnen Sophia Jung, Jenny Jach und Sabrina Nadolny stellen sie gleich in dreifacher, allgegenwärtiger, oft synchron agierender Ausführung dar, die ihre allumfassende, fast übernatürliche Macht über die Anstalt und ihre Insassen unterstreicht.

Hauptdarsteller Steffen Kleemann in der ausgesprochen anspruchsvollen Rolle des McMurphy ist entschlossen, sich nicht dem Diktat der Oberschwester zu beugen, sondern zettelt auf der Station eine „Rebellion“ an – und sei es nur, dass das Baseball-Finale im Fernsehen angeschaut werden darf. Er mischt den passiven „traurigen Haufen“ der Patienten in einer Weise auf, dass sie auf ihre Art zu sich selbst finden: Der stotternde, unsichere Billy (dargestellt von Anika Hoffbauer) erfährt zum ersten Mal körperliche Liebe und steht dazu, bis die erzwungene Erinnerung an seine dominante Mutter ihn zum Verrat an McMurphy treibt. Der hünenhafte Häuptling Bromden (Thomas Dörr), der sich für das Leben zu klein fühlt, wächst nun auch innerlich, nachdem McMurphy ihm sein Selbstvertrauen zurückgibt. Gleichzeitig spitzt sich die Tragik des Stückes zu, das mit den barbarisch anmutenden psychiatrischen Methoden der fünfziger Jahre, die u.a. aus Elektroschocktherapien und Lobotomie bestanden, auch einen unbeugsamen McMurphy zu Boden zwingt. Häuptling Bromden greift zur Verzweiflungstat, indem er seinen Freund lieber tötet, als seine zerstörte Persönlichkeit in der Institution dahinvegetieren zu lassen.

Es wird deutlich, dass das Stück existenzielle Fragen aufwirft, die von den Schauspielern faszinierend und gekonnt umgesetzt wurden. Die Zuschauer konnten ihnen abspüren, dass sich alle ausführlich mit ihrer Rolle und ihrer Problematik befasst hatten: Sowohl die Patienten (Stefan Hofbauer, Anika Hoffbauer, Saskia Schröter, Shanice Weschenfelder, Nina Wolf, Jasmin Jaskolski, Katharina Kief) als auch das Pflegepersonal (Joana Czermin, Miriam Grund, Annalena Zeiss, Tamara Scheerer) und Jasmin Hamm als Candy Starr.

Auch die Inszenierung überzeugte, die nicht nur durch abwechslungsreiche und ausdrucksstarke Konstellationen bestach, sondern auch durch die effektvollen und situationsgerecht artikulierten Sprechweisen der Schauspieler unterstrichen wurde.

Die Schüler bestätigten, dass nicht nur die theoretische Auseinandersetzung mit der Problematik sowie im ersten Halbjahr erlernte theaterpädagogische Grundlagen dazu beitrugen, das Stück so treffend umzusetzen, sondern neben den Impulsen der begleitenden Lehrkräfte Andreas Lachenmayer, Stefanie Dräger-Spence und Katharina Frietsch auch die Hand des professionellen Theaterpädagogen Michael Langer, der einen dreitägigen intensiven Theater-Workshop angeleitet hatte, zu spüren war.

Insgesamt erwies sich dieses „Pilot-Projekt“ eines Theater-Seminarkurses am Lise-Meitner-Gymnasium als gelungenes Experiment, das mit Schülern des nächsten Jahrgangs auch im neuen Schuljahr fortgesetzt werden soll.

Das Stück ist jetzt hier als Film zu sehen.

Rating

 

 

Email
Name
Review/Rezension
Veröffentlichen