Wer war Lise Meitner?


"Ihre Arbeit ist gekrönt worden mit dem Nobelpreis für Otto Hahn." (Renate Feyl)







Elise Meitner, genannt Lise, wurde am 7. November 1878 im österreich-ungarischen Wien geboren. Sie war eine Kernphysikerin, die die physikalisch-theoretische Erklärung für die Kernspaltung erarbeitete.


Da Mädchen zur damaligen Zeit zum Unterricht an Gymnasien nicht zugelassen waren, absolvierte Lise die Bürgerschule und legte anschließend ein Examen als Lehrerin für Französisch ab. Im Selbststudium bereitete sie sich anschließend trotz aller Widrigkeiten auf die Matura - etwa vergleichbar unserem Abitur- vor, die sie mit 22 Jahren am Akademischen Gymnasium in Wien erfolgreich absolvierte.


Noch im selben Jahr begann sie das Studium der Physik- und Mathematikwissenschaften und der Philosophie an der Universität Wien. 1906 promovierte sie dort als erst zweite Frau im Hauptfach Physik. Eine anschließende Bewerbung bei Marie Curie, die bereits 1903 den Nobelpreis in Physik erhalten hatte, in Paris blieb leider ohne Erfolg.


Zur Weiterbildung besuchte Lise Meitner ab 1907 Vorlesungen bei Max Planck in Berlin – dort traf sie den jungen Otto Hahn, der in den nachfolgenden 30 Jahren ihr enger Vertrauter und verbundener Kollege werden sollte. Da im damaligen Preußen Frauen nicht zum Studium zugelassen waren, musste Lise die Gebäude stets durch die Hintertüre betreten und verlassen, der Zutritt zu Vorlesungssälen und Studierräumen war ihr gänzlich untersagt. Dies änderte sich erst 1909, als das Studierverbot für Frauen aufgehoben wurde.


In den folgenden Jahren machte sie sich als inoffizielle Assistentin Max Plancks einen Namen in der Welt der Physik, da sie, gemeinsam mit Otto Hahn, einige Entdeckungen verzeichnete. In dieser Zeit machte sie mit Marie Curie und Albert Einstein persönlich Bekanntschaft.


Ihre berufliche Situation besserte sich, als Otto Hahn am neuen Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie eine Forschungseinrichtung für Radioaktivität einrichtete und Lise ab 1913 offizielles wissenschaftliches Mitglied wurde.





Zu Beginn des ersten Weltkrieges


war Lise – wie viele ihrer Kollegen – kriegsbegeistert und ließ sich zur Krankenpflegerin und Röntgenassistentin ausbilden und wurde ab Juli 1915 an der Ostfront eingesetzt. Im Gegensatz zu Otto Hahn war sie jedoch nicht an der Entwicklung chemischer Waffen beteiligt. 1916 kehrte sie nach Berlin zurück und setzt ihre vorherigen Forschungen fort.


Eine eigene Abteilung für Radiophysik und damit erstmals eine angemessene Bezahlung erhielt Meitner ab dem Jahr 1918. Sie habilitierte und konnte nun ihr Wissen als Dozentin vermitteln. 1926 wurde sie an der Berliner Universität die erste Professorin für Physik Deutschlands.




"Hahn hat sicher


den Nobelpreis für Chemie voll verdient, da ist wirklich kein Zweifel. Aber ich glaube, dass Frisch und ich etwas nicht Unwesentliches zur Aufklärung des Uranspaltungsprozesses beigetragen haben – wie er zustande kommt und dass er mit einer so großen Energieentwicklung verbunden ist, lag Hahn ganz fern."









Bei der Machtübernahme


durch die NSDAP 1933 war Lise Meitner zunächst zuversichtlich, dass dies keine gravierenden Folgen für sie haben würde. Nachdem im April desselben Jahres jedoch durch den Erlass des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums ihre Lehrbefugnis aufgrund ihrer jüdischen Abstammung eingezogen wurde, konnte sie nur noch am nicht-staatlichen Kaiser-Wilhelm-Institut weitere Forschungen betreiben.


Nachdem Österreich von Deutschland annektiert wurde (1938), wurde Lise deutsche Staatsbürgerin und war als Jüdin von nun an besonders gefährdet. Otto Hahn und der Niederländer Dirk Coster ermöglichten ihr die Flucht ins schwedische Exil, wo sie ihre Forschungen bis nach Kriegsende am Nobel-Institut fortsetzten konnte.


Postalisch tauschten sich Hahn und Meitner weiterhin über ihre Forschungen aus. 1938 schrieb Hahn erstmals über das beobachtete Zerplatzen eines Urankerns und bat Meitner, dies zu prüfen und zu publizieren. Gemeinsam mit ihrem Neffen Otto Robert Frisch schrieb Meitner eine erste physikalisch-theoretische Abhandlung, in der Frisch den heute weltweit anerkannten Begriff der Kernspaltung prägte. Dabei zeigten sie die ungeheure Menge freiwerdender Energie bei diesem Vorgang auf.


Die USA baten


Lise Meitner später wiederholt, mithilfe der Ergebnisse eine Atombombe zu ermöglichen. Als nunmehr Pazifistin verweigerte sie dies jedoch und blieb in Schweden. Trotz dieser vehementen Weigerung wurde sie 1946, sehr zu ihrem Entsetzen, von der amerikanischen Presse als „Mutter der Atombombe“ bezeichnet – kurz nach dem Abwurf der Bomben auf Hiroshima und Nagasaki.


1944 erhielt Otto Hahn für die Entdeckung der Spaltung von Atomkernen den Nobelpreis für Chemie. Obwohl Lise Meitner und ihr Neffe mehrfach für den Nobelpreis für Physik vorgeschlagen wurden, blieb ihr diese Anerkennung verwehrt. Aus heutiger Perspektive ist dies nicht nachvollziehbar.


Dennoch bekam sie nach Kriegsende zahlreiche Auszeichnungen, Otto Hahn war vielfach der vorschlagende Wissenschaftler. In Berlin wurde 1959 das „Hahn-Meitner-Institut für Kernforschung“ (HMI) eröffnet.


Zu Beginn der 1960er Jahre zog Lise Meitner nach Cambridge, wo sie sich an der Seite ihres Neffen gegen eine kriegerische Nutzung der Kernspaltung einsetzte.


Dort starb Lise Meitner am 27. Oktober 1968.




Insgesamt 48-mal





wurde Lise Meitner für einen Nobelpreis nominiert – doch kein einziges Mal bekam sie die ersehnte Auszeichnung verliehen! Für den Nobelpreis für Physik waren es in den Jahren von 1937 bis 1965 ganze 29 Nominierungen (darunter je eine von Otto Hahn und Max Planck). Für den Chemie-Nobelpreis wurde sie zwischen 1924 und 1948 insgesamt 19-mal vorgeschlagen, allein sechs Nominierungen kamen von ihrem engen Vertrauten Max Planck. Weitere Unterstützer waren u. A. James Franck, Oskar Klein, Max Born und Niels Bohr.


Weiteres Spannendes und Interessantes


Natürlich spielte Lise Meitner bei unserem Schuljubiläum 2024 eine zentrale Rolle.


Lise Meitner diente als Inspiration für einen Spionage-Thriller!


Das Lise-Meitner-Portrait der Max-Planck-Gesellschaft.